Bayreuth, den 19.11.17 Lukas 16, 1-9

Liebe Gemeinde! 

Hand aufs Herz: Wenn Sie nicht gewusst hätten, dass diese Geschichte in der Bibel steht, wären Sie dann darauf gekommen? Was Jesus hier erzählt, klingt nach einer Gaunerkomödie, so ähnlich wie die vom Hauptmann von Köpenick. Da ergaunert sich ein einfacher Arbeiter in Hauptmannsuniform die Stadtkasse von Köpenick. Und ganz Berlin bewundert den schlitzohrigen Ganoven. Oder man wird an Filme wie "Ocean's Eleven" erinnert, in dem es einem Vorbestraften gelingt, einem Casinobesitzer 160 Millionen Dollar mit 11 Kumpanen zu klauen und dazu seine Frau zurückzuerobern.

Auch hier erzählt Jesus von einem cleveren Bürschchen. Es handelt sich um einen betrügerischen Verwalter, der allzu sehr in die eigene Tasche gewirtschaftet hatte. Doch sein Herr war ihm auf die Schliche gekommen. Der Verwalter soll ihm seine Bilanzen vorlegen. Dieser macht sich nichts vor: Sobald er das tut, bedeutet das das Ende seiner Verwaltertätigkeit. Seinem Herrn wird er nichts vormachen können. Und dann? Dann wäre er gezwungen zu betteln oder mit harter körperlicher Arbeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Dafür war er sich zu schade. Lieber denkt er sich einen cleveren Plan aus. Noch hat er Zeit. Noch kann er im Namen seines Herrn Verträge aushandeln und unterschreiben. So spricht er mit den Schuldnern seines Herrn und macht mit ihnen einen betrügerischen Handel. Er schlägt ihnen vor, ihre Schuldscheine zu fälschen. Sie sollten weniger draufschreiben, als sie eigentlich seinem Herrn schuldig waren. Und die Schuldner lassen sich auf diesen Betrug ein. Natürlich handelte der Verwalter nicht uneigennützig. Sondern er erhoffte sich, dass die Schuldner ihn nach seiner Entlassung bei ihnen unterkommen lassen. Ganz schön raffiniert, aber es handelte sich um Betrug. Und diesen Betrüger lobte Jesus noch? Was soll denn das?

Natürlich lobt Jesus nicht den Betrug. Den nennt er vielmehr klar beim Namen. Vielmehr lobt er das entschlossene Handeln des Verwalters. Dieser weiß, wie es um ihn steht. Er wird seine Stellung als Verwalter verlieren. Er nutzt zweitens seine ihm verbliebene Frist. Und drittens setzt er auf gute Beziehungen.

Er weiß, wie es um ihn steht. Wissen wir das auch? Wissen wir auch, dass wir einmal Rechenschaft von unserem Tun und Lassen ablegen müssen? Wir alle haben ja auch einen Herrn. Das ist Gott. Dem müssen wir einmal die Bilanz unseres Lebens vorlegen. Wir wissen nicht wann. Aber wir wissen, dass dieser Zeitpunkt einmal kommen wird. Nach unserem Tod werden wir vor dem Richterstuhl Gottes stehen müssen. Dann wird uns Gott fragen, was wir aus unserem Leben gemacht haben. Ist das Angstmache? Nein, das ist ein nüchterner Hinweis auf eine Tatsache. Jeder von uns wird einmal sterben und muss dann sein Leben vor Gott verantworten.

Ich kann mich selber austricksen und mir einreden: Wenn ich lebe, betrifft mich nicht der Tod. Wenn ich tot bin, erst recht nicht mehr. Also bringt es überhaupt nichts, über den Tod nachzudenken. So versuchten es sich schon die Stoiker einzureden. Das waren Philosophen vor 2000 Jahren.

Aber irgendwann kommt die eingesperrte Angst hoch, wenn ich mit dem Tod konfrontiert werde, oder wenn ich gezwungen werde, über den Tod nachzudenken. Ein Religionslehrer stellte einmal 530 Jugendlichen die Frage: "Was würdest du tun, wenn du nur noch einen Tag zu leben hättest?" Ich selber habe diese Frage duzenden Schülern der 9. Klassen gestellt. Die Antworten deckten sich mit denen, die jener Religionslehrer erhielt. Es war so, als ob diese Frage eine Schleuse öffnete, die die Angst und Verzweiflung bisher zurückhielt. Sehr häufig waren die Antworten: Saufen, Kiffen, Sex und Vergewaltigung, Verbrechen ausüben, Selbstmord begehen. Alles Antworten, die eine tiefe Verzweiflung und Sinnlosigkeit ausdrückten. Die sie gaben, glaubten nicht an ein Leben nach dem Tod.

Aber man kann auch anders reagieren, wenn man mit dem Tod konfrontiert wird. So wie Andi, von dem ein Mitstudent erzählt: Schon als Schüler hatten ihn Motorräder begeistert. So früh wie möglich hatte er seine eigene Maschine. Und dann hatte er sich seinen Lebenstraum erfüllt. Er wurde Testfahrer. Die neuesten Maschinen konnte er ausprobieren, Testfahrer unter den härtesten klimatischen Bedingungen, bis nach Australien gingen die Reisen. Ein Leben wie in einem Rausch.

Dann brachte ihn ein Unfall zur Besinnung. "Was wäre gewesen, wenn ich jetzt Gott gegenüber gestanden wäre? Was hast du aus deinem Leben gemacht?" Plötzlich wurde Andi klar: "Jetzt, heute bin ich gefragt, wie ich mein Leben so führe, dass es auch in Zukunft vor Gott bestehen kann. Es kann mich jeden Augenblick erwischen und dann ist alles zu spät. Jetzt entscheidet sich meine Zukunft."

Es ist die Zukunft bei Gott. Nach dem Tod ist nicht alles vorbei, sondern nach dem Tod fängt etwas vollkommen Neues an, die Ewigkeit. Gott ist der Schöpfer und Schenker des Lebens und am Lebensende kehrt das Leben zu Ihm zurück. Das ist doch eine wunderbare Hoffnung über die Vergänglichkeit hinaus. Wenn wir alles loslassen müssen, was uns lieb und teuer ist, schöne Kleider, Autos, Häuser, auch liebe Menschen, an denen unser Herz hängt – dann ist das nicht das Ende, sondern der Anfang von etwas Neuem.

Diese Zukunft entscheidet sich jetzt. Wir entscheiden diese Zukunft. So wie der betrügerische Verwalter entschlossen und rasch gehandelt hat. Wir sind ja in einer ähnlichen Situation wie er. Wir sind darauf angewiesen, dass uns jemand wohl gesonnen ist und er uns wie die Schuldner in dem Gleichnis in sein Haus aufnimmt. Das ist Jesus Christus, der uns gerne in sein Reich einmal aufnimmt. Nur, wie geschieht das? Wie kann ich mir Jesus gewogen machen? Natürlich nicht durch betrügerische Machenschaften sondern durch eine einfache Bitte, die wir zwei Kapitel später in einem anderen Gleichnis im Lukasevangelium finden. Jesus erzählt da von einem Zolleinnehmer im Tempel. Er weiß ganz genau, dass er keine Chance hat, einmal vor Gott zu bestehen. Dafür hat er zu viel in seinem Leben falsch gemacht, Leute aus Habgier betrogen, Reichtum auf Kosten anderer angehäuft. Wenn er jetzt stirbt, geht er verloren. Da macht er das einzig Richtige, was ihm hilft, was seine ewige Zukunft sichert. Er betet, nur fünf Worte: "Gott sei mir Sünder gnädig!"

So fängt Christsein an: Mit einem großen Fragezeichen. Einem Fragezeichen, das ich nicht hinter die anderen stelle, nicht hinter Gott sondern hinter mir selbst. Du kannst Gott nicht imponieren mit großen Worten und großen Taten. Ihm imponiert nur, wenn du ganz ehrlich geworden bist, wenn du deine ganze Schuld vor ihm erkannt hast und sie ihm bekennst. Das gefällt Gott. Auch der Zolleinnehmer verließ als Mensch den Tempel, der nun vor Gott recht war. Denn, so erklärte Jesus: Wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

Das ist das Wunderbarste im Leben, wenn meine Schuld mir vergeben ist. Denn dann weiß ich: Gott hat mich angenommen, wie ich bin. Er ist mein Verbündeter, der durch dick und dünn mit mir durchs Leben geht. Niemals lässt er mich im Stich. Jesus sagte einmal von denen, die an ihn glauben und ihn kennen: "Ihnen gebe ich das ewige Leben, und sie werden niemals umkommen. Niemand kann sie aus meiner Hand reißen."(Johannes 10,28) Dann weicht auch die offen eingestandene oder versteckte Angst vor dem Tod. Zumindest verliert diese Angst ihre Macht. Vielmehr lebe ich aus dem Grundgefühl der Geborgenheit heraus. Es ist ja immer einer da, der mächtiger ist als alles, was mich bedrängt: Jesus Christus. Ist das nicht wunderbar, so leben zu dürfen?

Dieses Leben hört nie auf. Es geht immer weiter. Es geht weiter nach neuer Schuld. Denn ich darf ja wieder zu Jesus gehen und ihn um Vergebung bitten. Es geht weiter auch nach tiefer Traurigkeit, nach Verlusten, wenn dir das genommen wird, was dein Leben lebenswert macht. Du brauchst nicht zu verzweifeln. Jesus fängt dich auf, wenn du in tiefe Abgründe stürzt. Er führt dich weiter, zeigt dir einen Neuanfang, schenkt dir neue Liebe und neue Erfahrungen mit ihm. Du darfst ihm alles sagen, was dir auf dem Herzen liegt. Er hört dein Gebet. Der Himmel ist nicht verschlossen. Dieses Leben geht weiter auch nach deinem Tod. Wenn du die Augen zumachst, dann wachst du in der Ewigkeit Gottes auf. Das hat Jesus denen versprochen, die an ihn glauben. Ich nehme ihm sein Versprechen ab, denn habe schon oft genug in meinem Leben erfahren, dass ich mich auf sein Wort verlassen kann.

Es ist wichtig, von diesen ewigen Wahrheiten zu reden. Genauso wichtig ist es auch, dass jeder von uns diese Worte nicht nur hört sondern auch auf sie eingeht. Dass er nicht nur darüber nachdenkt, sondern Nägel mit Köpfen macht. Dass er zu Jesus betet, der ihm alle seine Schuld vergeben kann: "Vergib mir meine Schuld und gib mir das ewige Leben! Lass mich mit dir leben und mit denen, die an dich glauben!" Oder dass er den Mut findet, all das auszusprechen, was ihn belastet und sein Leben kaputt gemacht hat, alle Schuld einmal abzuladen. Es gibt ja Pfarrer, es gibt Seelsorger, denen man seine Sünden bekennen kann, die mit einem beten und einen im Namen Jesu die Vergebung zusprechen. Es sind sicher viele hier, die das so gemacht haben, und die dann froh und frei von Schuld aus diesem Gespräch herausgegangen sind. Sie haben die Gewissheit geschenkt bekommen, dass ihr Leben nun Gott gehört, nicht nur für eine gewisse Zeit, sondern für immer.

Das ist also das Zweite, was wir von dem betrügerischen Verwalter lernen können: Die uns zur Verfügung stehende Zeit ausnutzen und es nicht aufschieben, sein Leben Jesus anzuvertrauen. Der dritte Punkt, in dem er uns ein Vorbild sein kann: Er setzt auf Beziehungen.

Der Verwalter hätte ja auch anders handeln können. Er hätte möglichst viel Geld seines Herrn beiseite schaffen und damit verschwinden können. Das macht er nicht. Sondern er schafft sich mit dem Geld, dem "ungerechten Mammon", wie ihn Jesus hier nennt, Freunde. Klar tut er dies auf betrügerische Art und Weise. Es ist ja das Geld seines Herrn, das er dazu verwendet. Und man kann das, was er tut, als nichts anderes als Bestechung bezeichnen. Er hat die Schuldner seines Herrn "geschmiert". Das ist alles klar und Jesus redet dieses Verhalten auch nicht schön.

Aber er sagt: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon. Gott wird das Gute, das wir mit Geld an anderen tun, nicht vergessen. Es spielt eine Rolle im Gericht Gottes.

Damit solche Sätze ja nicht falsch verstanden werden: Wir können uns mit guten Taten, erst recht nicht mit Geld, den Himmel verdienen. Aber Jesus übersieht nichts. Nichts ist umsonst, nichts ist vergeblich. Alles, was wir aus Liebe zu Jesus getan haben, das zählt. Da zählt der Schein, den einmal jemand für Menschen in Not in die Kollektenbüchse gesteckt hat. Da zählt das Päckchen, das einer an Weihnachten für arme Kinder gepackt hat. Da zählt die Spende, die einer heute in die Kollektenbüchse für die verfolgten Christen eingelegt hat. Derjenige, der dadurch anderen geholfen hat, weiß es vielleicht gar nicht. Aber Gott hat es nicht vergessen. Dies Gute zählt auch bei der Endabrechnung Gottes. Und dies Gute tut dir selber auch gut.

Ich habe einmal ein interessantes Buch von Bronnie Ware gelesen. Sie ist Australierin und hat öfter Schwerkranke in Privathaushalten betreut, die nur noch den Tod vor Augen hatten. Und diese Kranken erzählten ihrer Pflegerin, was sie nun angesichts des Todes am meisten bereuten. Keiner sagte: Hätte ich doch mehr Geld verdient! Hätte ich nur noch mehr gearbeitet! Im Gegenteil: Manche äußerten: Hätte ich nur nicht so viel gearbeitet! Hätte ich doch mehr Zeit mit den Menschen verbracht, die mir etwas bedeuten. Und hätte ich doch den Kontakt zu meinen Freunden nicht abreißen lassen. Und hätte ich doch mehr Mut gehabt, mich ihnen und auch meiner Familie zu öffnen und meine wahren Gefühle auszudrücken. Mit einem Satz gesagt: Hätte ich doch mehr Zeit in Beziehungen investiert.

Ich bin nicht mit allem, was Bronnie Ware schreibt, einig. Es ist kein Buch einer Christin. Aber es gibt doch eine Grundwahrheit wieder, die auch und gerade für Christen gilt. Die lautet: Es geht im Leben letzten Endes um gesunde und gute Beziehungen zu unseren Mitmenschen. Und ich möchte hinzufügen: Auch zu Gott. Anders ausgedrückt: Es geht um Liebe.

Es geht im Leben darum, dass ich mich von Gott geliebt weiß, trotz meiner Fehler, Schwächen und Sünden unbedingt geliebt weiß. Und es geht darum, diese Liebe an meine Mitmenschen weiterzugeben, ihnen zu zeigen, auch du bist von Gott geliebt und nehme ich dich auch so an, wie du bist, trotz deiner Ecken und Kanten und Macken, so wie Gott es mir ja auch tut.

Um es mit den Worten des Apostels Paulus auszudrücken: Das ist das Wichtigste, dass wir es wissen, dass uns nichts von der Liebe Gottes rennen kann. Das darfst auch du glauben und dafür danken. Dann kreist dein Leben nicht mehr um dich sondern um Jesus und um die, die er genauso wie dich liebt, deine Mitmenschen.

Amen