Bayreuth, den 13.5.18 Jeremia 31,31-34

Liebe Gemeinde! 

"Und so, Herr Pfarrer, sieht das Auto jetzt aus." Stolz zeigte mir ein KFZ-Meister seine Photos. Es sind Bilder einer Verwandlung. Ein uralter schwedischer Volvo wird wieder wie nagelneu. Ein Schrottauto wird wieder fahrtüchtig gemacht. Unzählige Stunden verbrachte der Meister mit dieser Arbeit. Doch nun war das Werk vollbracht. Aus alt mach neu!

Das ist ja sogar ein neuer Trend. Man nennt es "Upcycling". Abfallprodukte oder scheinbar nutzlose Stoffe werden in neuwertige Produkte verwandelt. Dabei geht es um mehr als nur ums Wiederherrichten wie von alten Autos, alten Häusern oder Bauernschränken. Sondern es entsteht etwas Neues, Wertvolleres wie etwa aus alten Plastiktüten Handtaschen.

Aus Alt mach Neu! Das ist das Thema unseres heutigen Predigttextes. Hören Sie selbst: 

Jeremia 31,31-34

Es geht hier zum einen um ein Versprechen. Wir kennen ja alle die kleinen Versprechen: Da könnte zum Beispiel ein Vater seinen Kindern versprechen: Wir fahren im Sommer in einen tollen Urlaub. Groß wäre dann die Vorfreude. Allerdings noch größer die Enttäuschung, wenn er das Versprechen nicht halten würde. Wir kennen Heiratsversprechen, genannt Verlobungen oder Versprechen von Handwerkern, zu einem bestimmten Termin zu kommen.

Jeremia redet hier allerdings von einem großen Versprechen: "Siehe, es kommt die Zeit…" Eine neue Zeit soll kommen, eine Zeitenwende. Solche Versprechen gab es auch schon viele. Der Kommunismus versprach das Paradies auf Erden. Ohne Gott sollte eine neue Welt geschaffen werden. Doch in kommunistischen Ländern wie China oder der Sowjetunion kam die Hölle auf Erden. Millionen Menschen, die den Machthabern nicht passten, wurden umgebracht. Deshalb finde ich es kein gutes Zeichen, wenn in Trier anlässlich seines 200. Geburtstages eine Riesenstatue von Karl Marx aufgestellt wird, auch wenn sie ein Geschenk der Volksrepublik China ist. Die Nazis versprachen auch eine schöne neue Welt unter der Herrschaft Deutschlands. Was kam, war der 2. Weltkrieg. An seinem Ende lag Deutschland in Trümmern. Wenn Menschen eine goldene Zukunft versprechen, ist Vorsicht geboten.

Aber anders ist es, wenn Gott etwas verspricht. Er hält sein Versprechen. Auch wenn es noch so großartig klingt wie hier in den Worten Jeremias. Eine neue Zeit soll anbrechen, anders als bisher. Immer wieder ist in der Bibel von dieser Zeit die Rede. In dieser Zeit hat die Angst vor der Zukunft ihre Macht verloren. Da werden zwar noch Tränen geweint. Aber die Hoffnung hat gesiegt. Da gibt es noch Schuld. Aber sie kann immer wieder vergeben werden. Und tiefgreifende Veränderung ist möglich. Denn Gott gibt etwas Neues in die Menschen hinein, ein neues Herz. Gemeint ist ein neuer Wille, ein verändertes Wesen.

Zu dieser neuen Zeit gehört nach Jeremia ein neuer Bund. Was ist damit gemeint?

Wir kennen Bündnisse in der Politik. In der Europäischen Union zum Beispiel haben sich 28 Staaten zusammengeschlossen. Sie wollen auf verschiedenen Gebieten gemeinsame Sache machen. Grundlage des Ganzen ist ein Vertrag. Den haben alle unterschrieben. Auf den kann man sich berufen. Auf den sind alle verpflichtet. Und wenn plötzlich jemand wie Großbritannien austreten will, ist das eine komplizierte Sache.

Und dann gibt es den Bund fürs Leben, die Ehe. In einer Ehe gibt es auch Rechte und Pflichten, unterschrieben von beiden Eheleuten auf dem Standesamt. Grundlage ist das gegenseitige Treueversprechen. Keiner der beiden Eheleute kann plötzlich sagen: Das gilt doch gar nicht. Nein, das haben ja beide auf dem Standesamt vor Zeugen unterschrieben. Und wenn sie kirchlich getraut sind, haben sie versprochen, sich treu zu sein, bis dass der Tod sie scheidet.

Die Bibel redet nun auch immer wieder von einem Bund, und zwar zwischen Menschen und Gott. Mit Noah oder Abraham hat er zum Beispiel einen Bund geschlossen, und auch mit einem Volk, dem Volk Israel. Dieser Bund wurde am Berg Sinai geschlossen, nach dem Auszug aus Ägypten. Für diesen Bund gibt es auch eine Urkunde, einen Vertrag. Das sind die 10 Gebote. In diesen Geboten verspricht Gott: Ich bin der Herr, dein Gott. Das heißt: Ich habe für dich gesorgt. Und ich werde in Zukunft auch für dich sorgen. Ich halte mich zu dir. Deshalb, du Volk Israel, halte dich auch zu mir und zu meinen Geboten. Ich meine es gut mit dir. Glaube mir das. Und wenn du dich an meine Gebote hältst, dann geht es dir auch gut. Dann gelingt dein Leben.

Aber genau das taten die Israeliten nicht. Israel war seinem Gott oft untreu. Es hat ihm nicht vertraut, hat sich von ihm abgewendet und andere Götter angebetet. Gott gab seinem Volk immer wieder neue Chancen. Immer wieder fing er mit ihm neu an. Eine Zeit lang ging es vielleicht gut. Aber früher oder später ging es wieder von vorne los: Immer und immer wieder stieß es die Gebote Gottes mit Füßen. Gott konnte sein Volk mit Liebe überschütten, er konnte es hart bestrafen: Es wurde immer wieder ungehorsam.

Was nun? Wenn in der Wirtschaft ein Vertrag gebrochen wird, dann kann man vor Gericht ziehen. Dann können Strafen eingefordert werden. Wenn in einer Ehe immer wieder einer der beiden untreu wird, dann wird der untreue Partner oft von dem anderen vor die Tür gesetzt. Aber Gott macht das erstaunlicherweise anders. Er fängt mit dem Vertragsbrüchigen neu an. Er gibt ihm eine neue Chance.

Ja, er hebt den alten Bund auf und macht einen neuen. Gott hat gemerkt: Meine Partner halten den Vertrag nicht ein, weil sie es nicht können. Ganz wichtig: Dieser neue Vertrag geht nicht nur die Israeliten etwas an, sondern uns alle, jeden Menschen. Kein Mensch kann sagen: Ich habe mein Leben nach den 10 Geboten ausgerichtet. Ich habe sie alle gehalten. Keiner lebt so, wie Gott es will. Und wenn er sich noch sehr bemühen würde. Gute Vorsätze nützen erst recht nichts. Wir kennen ja vielleicht das Sprichwort: "Der Weg in die Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert." Keiner kann so leben, wie Gott es will. Keiner - außer einem: Jesus.

Mit Jesus kam die neue Zeit, die Jeremia angekündigt hat. Seit Jesus gilt ein neuer Vertrag mit Gott. Die Voraussetzung für diesen neuen Bund hat Jesus selber geschaffen. Von Gott gültig unterschrieben und besiegelt wurde er mit dem Blut seines Sohnes, das er am Kreuz vergoss. Beim Abendmahl mit seinen Jüngern sagte Jesus von dem Wein, den er verteilte: „Das ist mein Blut des Neuen Testaments, - das heißt des Neuen Bundes -, das vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“

Dieser Bund kann nicht aufgehoben werden. Denn er beruht nicht auf der Leistung von uns Menschen sondern auf einer Leistung Gottes, auf das Leiden und Sterben Jesu. Wer Gott gegenüber etwas vorweisen möchte, der steht noch auf dem Boden des alten Bundes, den der Mensch nicht halten kann, der wird auch vor Gott nicht bestehen können.

Aber wer mit leeren Händen, nur mit dem Bekenntnis seiner Schuld zu Gott kommt, der akzeptiert die neuen Bedingungen, die seit 2000 Jahren gelten. Jedes Mal, wenn wir unsere Schuld vor Gott bekennen, dann stellen wir uns auf die Grundlage des neuen Bundes. Gott vergibt, wenn wir unsere Sünden zugeben, so lautet der neue Bund.

Gibt es etwas Wunderbareres. weil Entlastendes und Befreiendes, als die Vergebung? Ich denke nicht.

2. Teil

Was ist denn nun das Neue am neuen Bund? Das Entscheidende ist ein verändertes Herz. Gemeint ist ein ganz anderes Denken, eine ganz andere Einstellung, ein ganz anderes Wesen. Auf jeden Fall ist diese Veränderung keine oberflächliche Sache sondern geht in die Tiefe. Wenn das Herz verändert wird, dann ändert sich der ganze Mensch.

Nur, wie soll das geschehen? Es ist ein Wunder, das mit dem zusammenhängt, was wir am nächsten Sonntag feiern. An Pfingsten denken wir daran, dass Gott mit seinem Geist in die Herzen der Menschen kommt. Mit diesem Geist Gottes wurden zwar schon im Alten Testament Menschen erfüllt, aber es handelte sich nur um besondere Persönlichkeiten des alten Bundes wie Mose oder Elia. Im Neuen Bund wird der Geist Gottes jedem Gläubigen gegeben. Er legt seinen Geist in uns hinein. Man kann es auch so ausdrücken: Ein Stück seines Wesens kommt in uns hinein. Sein Herz wird unser Herz.

Diesen geheimnisvollen Vorgang bezeichnet Jesus im Neuen Testament mit Wiedergeburt. In einem nächtlichen Gespräch mit dem Pharisäer Nikodemus spricht er davon. Eindringlich macht er dem klugen und frommen Mann klar, dass der Geist Gottes in sein Leben hinein muss. Die Erfahrung der Wiedergeburt, so Jesus, ist die Voraussetzung dafür, dass ein Mensch in den Himmel kommt. Zu dieser Erfahrung der Wiedergeburt kann ich letzten Endes nichts dazu tun. Geburten geschehen an einem. Aber ich kann Gott um diese Erfahrung bitten. Er schenkt sie dann, ganz gewiss. Er schenkt das neue Herz, er gibt seinen Geist. Und er tut dies gerne. Denn er liebt uns, einen jeden von uns. Diese Liebe war sogar so groß, dass er seinen Sohn, Jesus, für uns sterben ließ, damit alle, die an ihn glauben, den Geist Gottes und damit auch das ewige Leben bekommen können.

Dies geschah am Karfreitag, als Jesus am Kreuz starb. Um einen drastischen Vergleich zu wählen: Dort am Kreuz hat Jesus gewissermaßen sein Herz geopfert, damit wir es bekommen können. Er gab sein Leben dahin, damit wir leben können. Die Tür zum ewigen Leben ist seitdem weit offen. Wir brauchen nur hindurchgehen. Jesus lädt uns dazu mit den Worten ein: "Gehet ein durch die enge Pforte!" an anderer Stelle sagt er: "Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken." Wer dies tut, der hat den Geist Gottes, der hat dieses neue Herz sich schenken lassen. Der hat eine ausgetauschte Identität, - auch wenn davon vielleicht noch nicht viel oder gar nichts zu sehen ist.

Von dem bekannten österreichischen Maler Gustav Klimt wird Folgendes erzählt: Er erhielt von der Baronin Sonja von Knips den Auftrag, sie zu porträtieren. Die Baronin war äußerlich gesehen nicht gerade eine Schönheit. Sie war von einem harten Leben gezeichnet und hatte Depressionen. Klimt wollte aber nicht einfach das Äußere malen, sondern er wollte die Baronin so darstellen, wie sie in ihrem Inneren war. Deshalb begleitete er sie eine Zeit lang, um sie kennenzulernen. Dann malte er das Porträt. Das sah der Baronin nun aber gar nicht ähnlich. Denn auf dem Bild war eine wunderschöne Frau zu sehen. Trotzdem hängte sich die Baronin das Porträt ins Wohnzimmer. Aber dann passierte etwas Unglaubliches: Klimt besuchte sie ein paar Jahre später. Es verschlug ihm fast die Sprache. Die Baronin war der Frau, die er damals gemalt hatte, wie aus dem Gesicht geschnitten. Sie hatte sich in eine wunderschöne Frau verwandelt.

Mit der Veränderung des Herzens können wir uns das ähnlich vorstellen. Gott gibt uns ein Bild ins Herz. Das zeigt uns so, wie er uns sieht, nämlich als keinen Menschen, der hässlich von der Sünde entstellt ist, sondern der wunderschön ist, weil er das tut, was Gott von ihm will. Und je länger wir dieses Bild anschauen, je mehr wir es betrachten, desto mehr werden wir ihm ähnlich. Desto mehr wird aus dem alten ein neuer Mensch. Das ist also eine Sache des Glaubens.

Auch wenn du dir unmöglich vorkommst. Jesus sieht in dir schon einen veränderten Menschen. Auch wenn du dir selbst und andere dir Vorwürfe machen: "Was für ein unmöglicher Mensch!" Jesus sieht mehr, sieht schon den Menschen, der durch seine Liebe schön gemacht wurde. So wird es auch geschehen. Jesu Liebe ist stark genug, auch dich zu verändern, das glaube.

Es gibt ja genügend Beispiele dafür, wie Menschen dieses neue Herz bekommen haben. Von einem sehr krassen habe ich erst kürzlich gelesen: Es ist die Lebensgeschichte des peruanischen Verbrechers Oswaldo, genannt Django. Er überfällt mehr als 200 Banken. Gefängnisausbrüche, Verfolgungsjagden, Geiselnahmen und Schießereien sind an der Tagesordnung. In der Unterwelt wird er als Held gefeiert. Die Polizei wünscht ihm den Tod. Doch seine Frau betet für ihn. Er soll wie sie Jesus kennenlernen, der sein Leben wie ihres verändern kann. 10 Jahre betet sie. Dann geschieht das Wunder. Zwei Pastoren besuchen Oswaldo im Gefängnis in Lima. Sie sollen ihm von Gott ausrichten: "Übergib dein Leben Jesus!" Doch Oswaldo will nicht. "Es tut mir leid Senores, ich kann mich nicht ändern." Doch dieser Besuch und die Aufforderung, sein Leben mit Jesus zu führen lässt ihn nicht los. Er wird in ein Gefängnis hoch in den Anden verlegt. Dort erhält er 30 Tage Dunkelhaft. Während dieser schrecklichen Zeit war es ihm, als ob er die Stimme Jesu hörte: "Gib mir dein Leben!" "Ich kann nicht", weinte Oswaldo. "Ich kann mich nicht ändern!" "Aber ich kann es. Gib mir dein Leben, Oswaldo."

Schließlich begriff er es: Jesus hatte den Preis für sein Leben am Kreuz bezahlt. Durch sein Blut war er reingewaschen. Er würde sich niemals ändern können. Aber Jesus konnte es. Das glaubte er nun und erfuhr es auch. Eine Liebe und ein Friede kam in ihn hinein, wie er es nie vorher erlebt hatte. Er war frei.

Seiner innerlichen Freiheit folgte erst nach vielen Jahren die äußerliche. Nach 20 Jahren Gefängnis wurde er entlassen, als ein anderer Mensch, durch Jesus verändert. Er kehrte für immer dem kriminellen Leben den Rücken und verdiente auf ehrliche Weise sein Geld. Später arbeitete er als Prediger. Besonderen Zugang hatte er zu Verbrechern, die so waren wie er früher. Er sagte ihnen: "Wenn Jesus mich verändert hat, wieso sollte er dann nicht dich verändern?"

Die gleiche Frage stelle ich auch euch.

Amen